- Mein Kiez
Mein KiezAlt-Treptow“Citynah und doch im Grünen” – Ein Artikel aus der Morgenpost von Sabine Flatau, der auch ein paar Schwärmereien meinerseits über mein Kiez enthältJunge Zuzügler und Alteingesessene üben friedliche Koexistenz – Morgenpost im Kiez: TreptowEin überragendes Stück Treptow kennt wohl jeder Berliner: die Treptowers mit dem Allianzturm. Wer sich auf den Weg nach Treptow macht, kann sich an ihm orientieren – doch links und rechts der Elsenbrücke gibt es weit mehr zu entdecken. Ein Magnet ist der Treptower Park geworden. Junge Leute spielen dort Gitarre oder trommeln, Freizeitkicker schieben sich den Ball zu, die Frisbeescheibe fliegt, kleine Grillfeuer lodern. Skater, Radfahrer, Hundebesitzer und Spaziergänger nehmen den Weg an der Spree entlang zum Biergarten Zenner, zum Restaurantschiff “Klipper” und in den Plänterwald. Eine Route für Romantiker.Mancher macht es sich abends auf einem Anlegesteg im Hafen bequem und schaut andächtig gen Westen, wenn der Sonnenball am Alex abtaucht. Weniger lebhaft geht es am sowjetischen Ehrenmal zu. Touristen pilgern die Stufen zum Bronze-Soldaten empor. Die nahe Archenhold- Sternwarte zieht Hobbyastronomen in ihren Bann.Eine Volksbewegung im Treptower Park – doch eher nichts für die Einheimischen. Junge Alt- Treptower trifft man anderswo.Zum Beispiel in der “Insel”, dem Club mit Kino, Theater und Café. Oder im “Freischwimmer”, der Gaststätte am Flutgraben – genau an der Grenze zu Kreuzberg. Früher lag das Areal im strengen Visier der DDR-Grenzsoldaten, heute geht es ganz relaxed zu. Die Liegestühle stehen mit Blick aufs Wasser, die Cocktails auf kleinen Tischen daneben. Am Ufer gegenüber eine kleine Bar, der “Club der Visionäre”. Wie der “Freischwimmer” nichts Mondänes. Alte Plüschsessel und Couch stehen draußen, am Abend legt ein DJ auf.Daneben die riesige Kunstfabrik. Im alten Bau mit Klinkerfassade haben Maler, Bildhauer und Fotografen ihre Ateliers. Das bunte und internationale Völkchen lässt sich vom Rohen der Fabrik inspirieren. Das Viertel ringsum ist von Leben durchströmt, so als hätte es die Jahre im Schatten der Mauer nachzuholen. Es gibt die Arena mit Konzerten und Theater, das Schiff “Hoppetosse”, den Club “Yaam”. Und über allem die Treptowers.“Früher hat der Turm gestört, jetzt gewöhnt man sich dran”, erzählt Katharina Weise. Die Jura- Studentin wohnt seit fünf Jahren an der Karl-Kunger-Straße. “Es ist richtig kiezig”, sagt die 24- Jährige. Man kennt sich und grüßt sich – auch die Arbeitslosen, die vor der Tür Bier trinken. Viele junge Leute sind zugezogen. Die Mieten sind erschwinglich, man ist im Grünen und schnell in der City. Der Besucher kann Überraschungen entdecken, etwa das Zirkuszelt von Cabuwazi, die Fabrik voller Designerateliers und die Bauwagen vom Wagendorf an der Lohmühlenstraße – mit Solarzellen auf dem Dach.Weiter östlich beginnt der Ortsteil Plänterwald. Mit dem Rathaus, mit Häusern der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts und den “Q3A”-Bauten aus DDR-Zeiten. Viele Bewohner leben seit Jahrzehnten hier, ihre Wohnungen wurden saniert. Helga Langerwisch ist 1959 eingezogen. “Wir wollen nicht mehr weg”, sagt sie. Die Wohnungen sind klein, Bäume und Sträucher ringsum ordentlich gewachsen. Biederes Wohnviertel im Grünen, ein paar Kleingartenanlagen und Sportplätze. Zum Einkaufen fährt man nach Baumschulenweg oder ins Parkcenter an der Elsenstraße.Doch vor Überraschungen ist man auch im Ortsteil Plänterwald nicht sicher. Etwa beim Spaziergang durch die Straßen nahe der S-Bahn-Strecke. Man trifft – Paradebeispiel ist die Defreggerstraße – auf Häuser vom Anfang des 20. Jahrhunderts – hohe Bürgerhäuser, keins wie das andere, einige mit Türmen und Bögen, andere eher kantig, die meisten sorgsam und farbenfroh saniert. Unter den Bewohnern: Manager, Professoren, Künstler, Ärzte. Ein einziger, unscheinbarer Flachbau steht dort: die Lithografiewerkstatt, eine Einrichtung des Bezirks. Selbst mancher langjährige Bewohner der Defreggerstraße übersieht sie. Sehr zu Unrecht, darauf weisen schon die Skulpturen im Vorgarten hin. Es gibt Ausstellungen, Kurse, Kinderzirkel.Ungewöhnliches ist auch in Baumschulenweg, dem Nachbarortsteil von Plänterwald, zu entdecken. Das Kopfsteinpflaster der Ernststraße etwa säumen schmale Häuser mit hohem Giebel, braunen Ziegeln und kleinen Vorgärten mit schmiedeeisernen Zäunen. Wie ein Stück altes England, das sich an der Marientaler Straße fortsetzt. Turbulent geht es dagegen an der stark befahrenen Geschäftsmeile Baumschulenstraße zu. Sie führt zur Sonnenallee und zur Späthstraße, wo inmitten des Trubels ein idealer Platz zum Ausruhen wartet: das Arboretum mit Vögeln, Teichen, blühenden Sträuchern und uralten Bäumen. Auch der Ort der ewigen Ruhe, das Krematorium an der Kiefholzstraße, hat Berühmtheit erlangt. Durch die preisgekrönte Architektur, die herausragende Akustik und seine vielen Baumängel. Die Kiefholzstraße verbindet Baumschulenweg und Alt- Treptow. Sie führt vorbei an der Eckkneipe “08/15″. Doch “08/15″ ist die Gegend bestimmt nicht.Von Sabine Flatau – Ressort Bezirke aus der Morgenpost vom Montag, 2 Juni 2003
Mein Kiez
Alt-Treptow
“Citynah und doch im Grünen” – Ein Artikel aus der Morgenpost von Sabine Flatau, der auch ein paar Schwärmereien meinerseits über mein Kiez enthält
Junge Zuzügler und Alteingesessene üben friedliche Koexistenz – Morgenpost im Kiez: Treptow
Ein überragendes Stück Treptow kennt wohl jeder Berliner: die Treptowers mit dem Allianzturm. Wer sich auf den Weg nach Treptow macht, kann sich an ihm orientieren – doch links und rechts der Elsenbrücke gibt es weit mehr zu entdecken. Ein Magnet ist der Treptower Park geworden. Junge Leute spielen dort Gitarre oder trommeln, Freizeitkicker schieben sich den Ball zu, die Frisbeescheibe fliegt, kleine Grillfeuer lodern. Skater, Radfahrer, Hundebesitzer und Spaziergänger nehmen den Weg an der Spree entlang zum Biergarten Zenner, zum Restaurantschiff “Klipper” und in den Plänterwald. Eine Route für Romantiker.
Mancher macht es sich abends auf einem Anlegesteg im Hafen bequem und schaut andächtig gen Westen, wenn der Sonnenball am Alex abtaucht. Weniger lebhaft geht es am sowjetischen Ehrenmal zu. Touristen pilgern die Stufen zum Bronze-Soldaten empor. Die nahe Archenhold- Sternwarte zieht Hobbyastronomen in ihren Bann.
Eine Volksbewegung im Treptower Park – doch eher nichts für die Einheimischen. Junge Alt- Treptower trifft man anderswo.
Zum Beispiel in der “Insel”, dem Club mit Kino, Theater und Café. Oder im “Freischwimmer”, der Gaststätte am Flutgraben – genau an der Grenze zu Kreuzberg. Früher lag das Areal im strengen Visier der DDR-Grenzsoldaten, heute geht es ganz relaxed zu. Die Liegestühle stehen mit Blick aufs Wasser, die Cocktails auf kleinen Tischen daneben. Am Ufer gegenüber eine kleine Bar, der “Club der Visionäre”. Wie der “Freischwimmer” nichts Mondänes. Alte Plüschsessel und Couch stehen draußen, am Abend legt ein DJ auf.
Daneben die riesige Kunstfabrik. Im alten Bau mit Klinkerfassade haben Maler, Bildhauer und Fotografen ihre Ateliers. Das bunte und internationale Völkchen lässt sich vom Rohen der Fabrik inspirieren. Das Viertel ringsum ist von Leben durchströmt, so als hätte es die Jahre im Schatten der Mauer nachzuholen. Es gibt die Arena mit Konzerten und Theater, das Schiff “Hoppetosse”, den Club “Yaam”. Und über allem die Treptowers.
“Früher hat der Turm gestört, jetzt gewöhnt man sich dran”, erzählt Katharina Weise. Die Jura- Studentin wohnt seit fünf Jahren an der Karl-Kunger-Straße. “Es ist richtig kiezig”, sagt die 24- Jährige. Man kennt sich und grüßt sich – auch die Arbeitslosen, die vor der Tür Bier trinken. Viele junge Leute sind zugezogen. Die Mieten sind erschwinglich, man ist im Grünen und schnell in der City. Der Besucher kann Überraschungen entdecken, etwa das Zirkuszelt von Cabuwazi, die Fabrik voller Designerateliers und die Bauwagen vom Wagendorf an der Lohmühlenstraße – mit Solarzellen auf dem Dach.
Weiter östlich beginnt der Ortsteil Plänterwald. Mit dem Rathaus, mit Häusern der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts und den “Q3A”-Bauten aus DDR-Zeiten. Viele Bewohner leben seit Jahrzehnten hier, ihre Wohnungen wurden saniert. Helga Langerwisch ist 1959 eingezogen. “Wir wollen nicht mehr weg”, sagt sie. Die Wohnungen sind klein, Bäume und Sträucher ringsum ordentlich gewachsen. Biederes Wohnviertel im Grünen, ein paar Kleingartenanlagen und Sportplätze. Zum Einkaufen fährt man nach Baumschulenweg oder ins Parkcenter an der Elsenstraße.
Doch vor Überraschungen ist man auch im Ortsteil Plänterwald nicht sicher. Etwa beim Spaziergang durch die Straßen nahe der S-Bahn-Strecke. Man trifft – Paradebeispiel ist die Defreggerstraße – auf Häuser vom Anfang des 20. Jahrhunderts – hohe Bürgerhäuser, keins wie das andere, einige mit Türmen und Bögen, andere eher kantig, die meisten sorgsam und farbenfroh saniert. Unter den Bewohnern: Manager, Professoren, Künstler, Ärzte. Ein einziger, unscheinbarer Flachbau steht dort: die Lithografiewerkstatt, eine Einrichtung des Bezirks. Selbst mancher langjährige Bewohner der Defreggerstraße übersieht sie. Sehr zu Unrecht, darauf weisen schon die Skulpturen im Vorgarten hin. Es gibt Ausstellungen, Kurse, Kinderzirkel.
Ungewöhnliches ist auch in Baumschulenweg, dem Nachbarortsteil von Plänterwald, zu entdecken. Das Kopfsteinpflaster der Ernststraße etwa säumen schmale Häuser mit hohem Giebel, braunen Ziegeln und kleinen Vorgärten mit schmiedeeisernen Zäunen. Wie ein Stück altes England, das sich an der Marientaler Straße fortsetzt. Turbulent geht es dagegen an der stark befahrenen Geschäftsmeile Baumschulenstraße zu. Sie führt zur Sonnenallee und zur Späthstraße, wo inmitten des Trubels ein idealer Platz zum Ausruhen wartet: das Arboretum mit Vögeln, Teichen, blühenden Sträuchern und uralten Bäumen. Auch der Ort der ewigen Ruhe, das Krematorium an der Kiefholzstraße, hat Berühmtheit erlangt. Durch die preisgekrönte Architektur, die herausragende Akustik und seine vielen Baumängel. Die Kiefholzstraße verbindet Baumschulenweg und Alt- Treptow. Sie führt vorbei an der Eckkneipe “08/15″. Doch “08/15″ ist die Gegend bestimmt nicht.
Von Sabine Flatau – Ressort Bezirke aus der Morgenpost vom Montag, 2. Juni 2003
Trackback-URL
Speak / Kommentieren...
Kommentare werden moderiert.