Stoppt die Vorratsdatenspeicherung! Jetzt klicken &handeln! Willst du auch an der Aktion teilnehmen? Hier findest du alle relevanten Infos
und Materialien:
  • Das Hochschulgruppennetzwerk
    Das Hochschulgruppennetzwerk
    Ein Flyer
    Die Hochschulgruppen der PDS bzw. die PDS-Mitglieder in linken Hochschulgruppen haben sich im PDS-Hochschulgruppennetzwerk zusammengeschlossen, das ein Teil der Bundesarbeitsgemeinschaft darstellt. Zur Zeit existieren 12 PDS-Hochschulgruppen im gesamten Bundesgebiet.
    Ein Flyer

    Die Hochschulgruppen der PDS bzw. die PDS-Mitglieder in linken Hochschulgruppen haben sich im PDS-Hochschulgruppennetzwerk zusammengeschlossen, das ein Teil der Bundesarbeitsgemeinschaft darstellt. Zur Zeit existieren 12 PDS-Hochschulgruppen im gesamten Bundesgebiet.

    » Hochschulgruppenetzwerk-Flyer

  • PDS bleibt dabei: Nein zu Studiengebühren
    PDS bleibt dabei: Nein zu Studiengebühren
    Pressemitteilung und Flugblatt
    Hier die Presseerklärung der PDS zum BVerfG-Urteil und ein Flugblatt zum herunterladen, ausdrucken und verteilen.
    Zur Aufhebung des Verbots von Studiengebühren für das Erststudium durch das Bundesverfassungsgericht erklären PDS-Vorsitzender Lothar Bisky und Jan Korte, hochschulpolitischer Sprecher des PDS-Vorstandes:
    Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes ist das Verbot
    von Studiengebühren im Erststudium gefallen. Insbesondere die
    Unionsgeführten Länder drängen nun darauf, allgemeine
    Studiengebühren einzuführen. Doch das Verfassungsgericht hat
    zwar das Verbot aufgehoben, aber keinerlei Zwang zur Erhebung
    von Studiengebühren ausgesprochen. Entscheidend ist der
    politische Wille in den Ländern.
    Die PDS bleibt dabei: Studiengebühren lösen Probleme der
    Hochschulfinanzierung nicht und schrecken junge Menschen ab, ein
    Studium aufzunehmen, wie internationale Erfahrungen zeigen. Die
    Einführung von Studiengebühren für das Erststudium vollendet die
    soziale Selektion im deutschen Bildungswesen.
    - Studiengebühren verschärfen die ohnehin schon hohe soziale
    Auslese im deutschen Bildungssystem und sind ein weiterer
    Schritt zu Privatisierung des öffentlichen Gutes Bildung;
    - Studiengebühren machen ein Studium nun endgültig vom
    Geldbeutel der Eltern abhängig;
    - Studiengebühren machen Studierende zu reinen Kunden, was zu
    einer weiteren Entsolidarisierung des Studierendenverhaltens
    beiträgt;
    - Studiengebühren sind ein weiterer Schritt zu einem Studium,
    was nur noch nach ökonomischen Interessen organisiert wird; es
    bleibt kein Platz und keine Zeit mehr für gesellschaftliches
    und politisches Engagement.
    Die PDS beteiligt sich in den nächsten Wochen und Monaten aktiv
    an den Protesten gegen Studiengebühren und für ein freies und
    selbstbestimmtes Studium. Statt Studiengebühren einzuführen
    müssen auf allen Ebenen des Bildungssystems soziale Schieflagen
    beseitigt und viel mehr Menschen aus so genannten bildungsfernen
    Schichten zum Beispiel durch eine Bafög-Reform Zugang zu Bildung
    ermöglicht werden. Wer die jahrelange Unterfinanzierung der
    Universitäten beenden und die Studienbedingungen endlich
    verbessern will, sollte nicht die Studierenden und deren Eltern
    zur Kasse bitten, sondern mit einem gerechten Steuersystem die
    öffentliche Hand in die Lage versetzen, in Wissenschaft und
    Bildung zu investieren. Zu einer modernen Hochschullandschaft
    braucht es keine  Studiengebühren, sondern Studentinnen und
    Studenten, die mit einer Verfassten Studierendenschaft ihre
    Interessen und allgemeine politische Themen artikulieren
    können.
    Die PDS will die Mitbestimmungsrechte der Studierenden aus-
    statt abbauen.
    Pressemitteilung und Flugblatt

    Hier die Presseerklärung der PDS zum BVerfG-Urteil und ein Flugblatt zum herunterladen, ausdrucken und verteilen.

    » Flugblatt “Ungebührlich!”

    Zur Aufhebung des Verbots von Studiengebühren für das Erststudium durch das Bundesverfassungsgericht erklären PDS-Vorsitzender Lothar Bisky und Jan Korte, hochschulpolitischer Sprecher des PDS-Vorstandes:

    Mehr lesen »

  • Reaktionen auf das BVerfG-Urteil aus Berlin
    Reaktionen auf das BVerfG-Urteil aus Berlin
    Pressemitteilungen und Artikel
    Pressemitteilungen von Benjamin Hoff (wissenschaftspolitischer Sprecher der PDS-Fraktion im AHB) und von Dr. Thomas Flierl (Wissenschaftssenator) sowie ein Artikel zu den Äußerungen der SPD in Berlin
    BUNDESVERFASSUNGSGERICHT: KONSERVATIV WIE EH UND JE
    Der wissenschaftspolitische Sprecher Benjamin-Immanuel Hoff erklärt:
    Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, einer Klage von sechs unionsgeführten Ländern statt zu geben und das Studiengebührenverbot im Hochschulrahmengesetz für unzulässig zu erklären, kommt nicht unerwartet.
    Bereits im vergangenen Jahr entschied das Bundesverfassungsgericht – konservativ wie eh und je – gegen eine Rahmensteuerung des Bundes in Fragen der Hochschulentwicklung. Die Länder erhalten damit zwar auch auf diesem Gebiet wieder mehr Kompetenzen – ob eine Stärkung der Länder damit verbunden ist, bleibt zu bezweifeln.
    Das Bundesverfassungsgericht negiert mit seiner Entscheidung zudem eine der wenigen sozialpolitisch sinnvollen Beschlüsse der rot-grünen Bundesregierung.
    Die PDS Berlin hat mit dem Beschluss, in dieser Legislaturperiode keine Änderung des Berliner Hochschulgesetzes in Richtung Studiengebühren oder Studienkonten vorzunehmen, einen klaren Kurs gesetzt. Dabei wird es auch nach dieser Entscheidung bleiben. Ob Berlin nun einen erhöhten Andrang von Studierenden aus Ländern mit Studiengebühren verzeichnen wird, lässt sich erst nach Ende des Wintersemesters 2005/2006 abschätzen. Schlussfolgerungen sind dann zu diskutieren.
    Wir unterstützen alle diejenigen, die sich in den Ländern gegen Studiengebühren einsetzen und treten auch weiterhin im Wissenschaftsbereich für eine Koexistenz von bundespolitischer Rahmensteuerung und landespolitischer Detailsteuerung ein.
    _______________________________________________
    Aus dem Senat
    26. Januar 2005
    Wissenschaftssenator Dr. Thomas Flierl:
    Studiengebühren wird es in dieser Legislaturperiode nicht geben
    Das Bundesverfassungsgericht hat heute in seinem Urteil zur Klage der sechs Länder gegen das 6. Hochschulrahmengesetz entschieden, dass dem Bund in der Frage von Studiengebühren keine Regelungskompetenz zusteht. Damit ist das Verbot von Studiengebühren durch den Bund aufgehoben.
    Dazu erklärt Wissenschaftssenator Dr. Thomas Flierl:
    Aus diesem Urteil folgt kein Zwang für die Länder, Studiengebühren einzuführen. Ich bleibe deshalb bei meiner Aussage, dass es in dieser Koalition keine Studiengebühren geben wird. Im Übrigen hat das Gericht deutlich mahnende Worte an die Länder gerichtet, die Belange einkommensschwacher Bevölkerungskreise zu berücksichtigen. Wir wollen junge Menschen nicht von einem Studium abschrecken.
    In der Begründung des Urteils hat das Bundesverfassungsgericht selbst an die Länder appelliert, ihrer Verantwortung zur Sicherung gleicher Bildungschancen und der Einhaltung gleichwertiger Lebensverhältnisse gerecht zu werden.
    Wenn jetzt einzelne Länder ohne Abstimmung untereinander Studiengebühren von Anfang an einführen, geht das zu Lasten von Berlin, weil wir noch mehr Studienbewerber und -bewerberinnen in den nächsten Jahren haben werden als bisher. Es ist nicht akzeptabel, dass Berliner Abiturienten und Abiturientinnen immer schlechtere Chancen auf einen Studienplatz an ihrem Wohnort haben werden. Ich erneuere deshalb meinen Vorschlag für einen Vorteilsausgleich zwischen den Ländern.
    ________________________________________
    tagesspiegel.de 26.1.2005
    Berlin: “Kein unmittelbarer Handlungsbedarf”
    Karlsruhe/Berlin (26.01.2005, 12:30 Uhr) – In Berlin werden bis zur nächsten Abgeordnetenhauswahl im Herbst 2006 keine Studiengebühren eingeführt. An der Vereinbarung im rot-roten Koalitionsvertrag, das Erststudium kostenlos zu garantieren, ändere auch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts nichts, bekräftigten Vertreter der Regierungsfraktionen SPD und PDS am Mittwoch.
    Auch die Grünen und die Jusos wollen an einem gebührenfreien Erststudium in der Hauptstadt festhalten. Die FDP forderte dagegen den rot-roten Senat auf, Studiengebühren einzuführen, um die Studienbedingungen zu verbessern.
    Die Bundesrichter hatten am Vormittag den Weg für die Einführung von Studiengebühren frei gemacht. Das bundesweite Gebührenverbot verletze das Gesetzgebungsrecht der Länder und sei damit nichtig, urteilten die Karlsruher Richter.
    Für Berlin ergebe sich kein unmittelbarer Handlungsbedarf, sagte Wissenschafts-Staatssekretär Hans-Gerhard Husung. Das Gebührenverbot sei auch im Berliner Hochschulgesetz verankert. Der Wissenschaftsexperte der SPD-Fraktion, Bert Flemming, geht davon aus, dass Studienkonten als Alternative zu Gebühren nach 2006 in Berlin eingeführt werden. Bis dahin werde die PDS zu keiner Änderung des Koalitionsvertrages bereit sein, sagte Flemming. (tso)
    Pressemitteilungen und Artikel

    Pressemitteilungen von Benjamin Hoff (wissenschaftspolitischer Sprecher der PDS-Fraktion im AHB) und von Dr. Thomas Flierl (Wissenschaftssenator) sowie ein Artikel zu den Äußerungen der SPD in Berlin

    BUNDESVERFASSUNGSGERICHT: KONSERVATIV WIE EH UND JE

    Der wissenschaftspolitische Sprecher Benjamin-Immanuel Hoff erklärt:

    Mehr lesen »

  • Wissenschaftsrat beschließt Ausbau der FHTW
    Wissenschaftsrat beschließt Ausbau der FHTW
    Zukunft für Wissenschaftsstandort Oberschöneweide
    Das Plenum des Wissenschaftsrates hat am 28.01.2005 seine “Stellungnahme
    zum Ausbauvorhaben der Fachhochschule fuer Technik und Wirtschaft
    (FHTW), Berlin” beschlossen. Der Wissenschaftsrat kommt darin zu einer
    insgesamt positiven Beurteilung der Ausbauplanung und der
    Strukturplanung der Hochschule. Damit sind die Voraussetzungen fuer die
    Aufnahme in den 35. Rahmenplan und fuer die Sicherung der
    Bundesbeteiligung am Ausbau des Campus Oberschoeneweide jetzt
    grundsaetzlich geschaffen.
    Der Um- und Ausbau des neuen Campus der FHTW wird in drei Bauabschnitten erfolgen und soll 2008 abgeschlossen sein.
    Wissenschaftssenator Dr. Thomas Flierl erklaert zur heutigen Entscheidung:
    Ich bin sehr zufrieden, dass nun diese entscheidende Huerde fuer das wichtigste Investitionsprojekt dieser Legislaturperiode erfolgreich genommen wurde. Damit liegen von Seiten der Wissenschaftspolitik alle Voraussetzungen vor, der FHTW als der groessten Fachhochschule Berlins optimale Bedingungen und dem Suedosten Berlins einen wichtigen Entwicklungsimpuls zu geben. Der historische Industriestandort und das Umfeld in Oberschoeneweide bieten besonders guenstige Moeglichkeiten fuer eine Kooperation von Wissenschaft und Wirtschaft. Genau das brauchen wir jetzt.
    Zukunft für Wissenschaftsstandort Oberschöneweide

    Das Plenum des Wissenschaftsrates hat am 28.01.2005 seine “Stellungnahme zum Ausbauvorhaben der Fachhochschule fuer Technik und Wirtschaft (FHTW), Berlin” beschlossen. Der Wissenschaftsrat kommt darin zu einer insgesamt positiven Beurteilung der Ausbauplanung und der Strukturplanung der Hochschule. Damit sind die Voraussetzungen fuer die Aufnahme in den 35. Rahmenplan und fuer die Sicherung der Bundesbeteiligung am Ausbau des Campus Oberschoeneweide jetzt grundsaetzlich geschaffen.

  • Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden!
    Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden!
    - aber nur über die Gesetzgebungskompetenz zu Studiengebühren
    Ähnlich wie zum Thema Juniorprofessur hat das Bundesverfassungsgericht am 26.01.2005 entschieden, dass die Gesetzgebungskompetenz für die Einführung von Studiengebühren bei den Ländern liegt und somit das Verbot von Studiengebühren im Hochschulrahmengesetz nichtig ist. Jedoch wurde in der mündlichen Begründung ausdrücklich darauf hingewiesen, dass das BVerfG nicht darüber zu entscheiden hatte, ob Studiengebühren – vor allem vor dem Hintergrund von Art. 5 Abs.3 und Art. 3 Grundgesetz – als solches verfassungswidrig sind. Dies wird aber sicherlich in der Zukunft Thema einer Verfassungsklage seitens der Studierenden sein. Zum Urteil, zu Pressemitteilungen und weiteren Materialien siehe unter der Rubrik Studiengebühren
    - aber nur über die Gesetzgebungskompetenz zu Studiengebühren

    Ähnlich wie zum Thema Juniorprofessur hat das Bundesverfassungsgericht am 26.01.2005 entschieden, dass die Gesetzgebungskompetenz für die Einführung von Studiengebühren bei den Ländern liegt und somit das Verbot von Studiengebühren im Hochschulrahmengesetz nichtig ist. Jedoch wurde in der mündlichen Begründung ausdrücklich darauf hingewiesen, dass das BVerfG nicht darüber zu entscheiden hatte, ob Studiengebühren – vor allem vor dem Hintergrund von Art. 5 Abs.3 und Art. 3 Grundgesetz – als solches verfassungswidrig sind. Dies wird aber sicherlich in der Zukunft Thema einer Verfassungsklage seitens der Studierenden sein.

    »  Zum Urteil hier (Seite des BVerfG)

  • Politiker gegen Stefan-Heym-Straße
    Politiker gegen Stefan-Heym-Straße
    Antrag der PDS auf Benennung einer Straße nach Stefan Stefan an seinem Todestag abgelehnt
    aus ›Berliner Morgenpost‹ vom 18. Dezember 2004
    Es wird keine Stefan-Heym-Straße in Grünau geben. Der Vorschlag der PDS-Fraktion, die Straße 901 in Grünau, nahe dem Haus des Schriftstellers, nach ihm zu benennen, ist in der Bezirksverordneten-Versammlung am Donnerstag gescheitert – genau an Heyms drittem Todestag. Die Entscheidung war knapp: 22 Verordnete von PDS, Grünen und Stattpartei stimmten für den Antrag, 22 Verordnete von SPD, CDU und FDP dagegen.
    Heym war 1935 in die USA emigriert und siedelte 1952 in die DDR über. Er lebte bis zu seinem Tod in Grünau. Heym geriet wegen seiner kritischen Romane in Konflikt mit den Behörden. Er saß 1994 und 1995 für die PDS im Bundestag. Im Juni 2004 wurde auf Beschluß des Bezirksamtes Treptow-Köpenick die Bibliothek in Adlershof nach Heym benannt. Gegen eine Stefan-Heym-Straße führt die SPD-Fraktion vor allem formale Gründe an. Laut Straßengesetz sei die Benennung erst fünf Jahre nach Heyms Tod möglich, sagt Fraktionsvize Oliver Igel. Ausnahmen müßten beim Senat beantragt werden. Außerdem bevorzuge das Land Frauennamen bei der Benennung von Straßen. Und schließlich: „Die Straße 901 ist viel zu kurz, das hat er nicht verdient.“ Die CDU-Fraktion lehnt den Vorschlag auch inhaltlich ab. „Heym hat die Leute verraten, die in der Wendezeit für Demokratie und Freiheit auf die Straße gegangen sind“, so die kulturpolitische Sprecherin Kathrin Bernikas.
    Grünen-Fraktionsvorsitzende Brigitte Gelbke kann die CDU-Argumente nicht nachvollziehen: „Heym ist seinen Vorstellungen vom Leben treu geblieben.“ Sie schätze ihn als Schriftsteller. „Ich würde es gern sehen, wenn eine Straße in seinem Wohnort Grünau nach ihm benannt wird.“ Die formalen Gegenargumente hätte man im Kulturausschuß klären können: „Wenn die PDS eine Überweisung beantragt hätte. Leider hat sie es auf eine Abstimmung ankommen lassen.“
    saf
    Antrag der PDS auf Benennung einer Straße nach Stefan Stefan an seinem Todestag abgelehnt

    aus ›Berliner Morgenpost‹ vom 18. Dezember 2004

    Mehr lesen »

  • Nazi-Schläger überfielen PDS-Mann
    Nazi-Schläger überfielen PDS-Mann
    Berlins Innensenator Körting: Kameradschaften immer aggressiver
    aus ›Neues Deutschland‹ vom 07. Dezember 2004
    Der 25-jährige PDS-Bezirksverordnete aus dem Berliner Stadtbezirk Treptow-Köpenick, Philipp Wohlfeil, ist in der Nacht zum Sonntag von vier Neonazis angegriffen und verletzt worden, wie erst später bekannt wurde.
    Bereits im Laufe des Abends war es mehrfach zu Pöbeleien gegen junge PDS-Mitglieder gekommen, die sich in der PDS-Geschäftsstelle und im Lokal des Vereins »Brücke 7« befanden – beide in der Brückenstraße gelegen. Sie hatten sich zuvor an den Aktionen gegen den Aufmarsch der Neonazi-Kameradschaften durch den Stadtbezirk beteiligt. Ein Teil der braunen Marschierer traf sich zur gleichen Zeit in der nahe gelegenen Kneipe »Haltestelle«. Von hier aus gingen mehrfach Provokationen aus, die von Polizei unterbunden wurden.
    Um Mitternacht schloss die »Haltestelle«. Die meisten Kameradschafts-Mitglieder verließen die Kneipe. Ungefähr um 0.30 Uhr wollte Wohlfeil gemeinsam mit Schwester und Freund am S-Bahnhof Schöneweide in die Straßenbahn der Linie 27 steigen, als sie von hinten angegriffen wurden.
    »Es ging alles ziemlich schnell«, sagte der Jurastudent, der dem Vorstand der PDS-Jugend Berlin-Brandenburg angehört, gestern dem ND. Wohlfeil erlitt eine dreifache Fraktur des rechten Mittelfußes, seine Begleitung Schürfwunden und Blutergüsse. Eine Brille ging verloren.
    Die nach den Pöbeleien anrückende Polizei hätte nach Ansicht Wohlfeils bis zum endgültigen Abzug der Rechtsextremisten präsent bleiben müssen. Dass man es nicht tat, sei unverantwortlich gewesen, so der Bezirksverordnete. Es wurde eine Strafanzeige gestellt. Die Täter blieben unbekannt, auch wenn man sich ziemlich sicher ist, die Schläger wiedererkennen zu können. Die Staatsanwaltschaft hat ein Ermittlungsverfahren eingeleitet.
    Schon im Sommer war am gleichen Ort eine Veranstaltung der PDS von Rechtsextremisten regelrecht belagert worden. Auch bei diesen Vorfällen hatten die Kameradschaften das Lokal »Haltestelle« als Stützpunkt benutzt, erinnert sich Wohlfeil. Verletzte hatte es damals nicht gegeben.
    Am Sonnabend hatte es aus dem Nazi-Aufzug heraus Drohungen gegen den Einsatzleiter der Polizei gegeben, der drei Festnahmen wegen »Mitführens verfassungsfeindlicher Symbole und Zeichen« angeordnet hatte, wie Innensenator Ehrhart Körting (SPD) gestern den Innenausschuss des Berliner Abgeordnetenhauses informierte.
    PDS-MdA Steffen Zillich wies darauf hin, dass schon im Vorfeld des Neonazi-Marsches Plakate der PDS, des Bezirksamtes und der SPD-Ortsvereine von Kameradschafts-Mitgliedern heruntergerissen und die Klebetrupps mit Baseballschlägern bedroht worden waren. Dank gelte den Gegendemonstranten, die sich nicht einschüchtern ließen. Zillich sprach zugleich davon, dass man es verstärkt mit bedenklichen Zuständen zu tun habe.
    Körting bestätigte, dass die rechtsextreme Szene zunehmend aggressiver vorgehe. Zudem habe sie ihre Taktiken geändert und benutze beispielsweise die typische Bekleidung der linken Gruppen. Die Gefahren einer solchen Entwicklung dürften nicht unterschätzt werden und müssten im Auge behalten werden, sagte Körting. Das gelte übrigens auch für den militanten Teil der linken Szene, so der Senator – vorige Woche war von einer Gruppe »HoHo-Antifa« das Auto eines Neonazis angezündet worden.
    Rainer Funke
    Berlins Innensenator Körting: Kameradschaften immer aggressiver

    aus ›Neues Deutschland‹ vom 07. Dezember 2004

    Mehr lesen »

  • “Corpus delicti”
    “Corpus delicti”
    Antrag der PDS-Fraktion zur Umbenennung einer Straße nach Stefan Heym
    Das Bezirksamt wird ersucht die Straße 901 in Grünau in „Stefan-Heym-Straße“ umzubenennen.
    Begründung:
    Damit soll das Lebenswerk Stefan Heyms gewürdigt werden. Da er in Grünau lebte, ist dieser Ort auch angemessen. Seine Frau Inge Heym ist mit einer Umbenennung einverstanden. Zum anderen wird dies auch von Bürgern Grünaus gewünscht.
    Weiterhin ist die Umbenennung auch für die bessere Identifizierbarkeit der Straße sinnvoll.
    Antrag der PDS-Fraktion zur Umbenennung einer Straße nach Stefan Heym

    Das Bezirksamt wird ersucht die Straße 901 in Grünau in „Stefan-Heym-Straße“ umzubenennen.

    Begründung:

    Damit soll das Lebenswerk Stefan Heyms gewürdigt werden. Da er in Grünau lebte, ist dieser Ort auch angemessen. Seine Frau Inge Heym ist mit einer Umbenennung einverstanden. Zum anderen wird dies auch von Bürgern Grünaus gewünscht.

    Weiterhin ist die Umbenennung auch für die bessere Identifizierbarkeit der Straße sinnvoll.

  • Herbstseminar der BAG Wissenschaftspolitik 2004
    Herbstseminar der BAG Wissenschaftspolitik 2004
    Ein Bericht
    Im Anschluss an die Konferenz “Bildung – öffentliches Gut oder Ware” der Rosa-Luxemburg-Stiftung traf sich die Bundesarbeitsgemeinschaft Wissenschaftspolitik zur regulären Herbst-Mitgliederversammlung. An der Mitgliederversammlung nahmen 21 Kolleginnen und Kollegen aus den Ländern Niedersachsen, Hamburg, Berlin, Nordrhein-Westfalen und Brandenburg teil.
    Die Tagesordnung umfasste im wesentlichen die Punkte Berichte, Arbeitsplanung, Wahlen zum Bundesparteirat.
    -Benjamin Hoff berichtete für die BAG-Koordination über die Ergebnisse der stattgefundenen Beratungen und Projekte. Die Bündnisarbeit und das Bekanntmachen der BAG bei den einschlägigen Organisationen (fzs, GEW, ver.di BdWi u.a.) habe stattgefunden. Leider habe es noch nicht geklappt, die auf der Frühjahrstagung beschlossene Internetpräsentation der BAG zu realisieren. Ebenfalls noch nicht umgesetzt wurde die Zusammenarbeit mit der IG Betrieb und Gewerkschaft zum Wissenschaftstarifvertrag.
    - Anja Stiedenroth berichtete über die entsprechende Bearbeitung wissenschaftspolitischer Themen im Parteivorstand und während des Bundesparteitages.
    - Jan Korte legte dar, wie er die BAG im Bundesparteirat vertrat.
    An alle Drei wurden Nachfragen gestellt, die von ihnen beantwortet wurden.
    Bezogen auf das zum Bundesparteitag in Potsdam erschienene Selbstdarstellungsleporello der PDS-Hochschulgruppen wurde kritisch eingeräumt, dass die PDS-Hochschulgruppe Leipzig und die Liste Links aus Hamburg in der Aufzählung vergessen wurden.
    Bei einer Nachauflage soll dieser Fehler behoben werden. Die im Leporello befindliche Passage zur Mitgliedschaft des Hochschulgruppennetzwerks wird als missverständlich eingeschätzt.
    Es gilt weiterhin:
    - Das PDS-Hochschulgruppennetzwerk versteht sich als Teil des Bündnisses linker und radikaldemokratischer Hochschulgruppen (LiRa).
    - Die Hochschulgruppen im Netzwerk müssen jedoch einzeln für sich entscheiden, ob sie dem LiRa beitreten wollen. Dies wird durch die Koordination empfohlen, ist aber wie gesagt vor Ort zu entscheiden.
    Der Bereich Arbeitsplanung bis Frühjahr 2005 wurde mit einem Bericht aus den Ländern eingeleitet. Darüber hinaus stellen zwei Vorstandsmitglieder des LiRa die Arbeit des LiRa, insbesondere den AK HoPo vor und sprechen sich d
    Im Ergebnis der ausführlichen Diskussion wurden folgende Ergebnisse festgehalten:
    1) Es soll eine Arbeitsgruppe der BAG Wissenschaftspolitik gebildet werden, die ein Strategiepapier zur Hochschulpolitik erarbeiten soll. Die Arbeitsgruppe der BAG soll unter Einbeziehung von Akteuren des BdWi und dem LiRa tagen. Die Arbeitsgruppe soll ihre Sitzungen in Hannover durchführen und zur Frühjahrstagung einen Bericht über ihre bis dahin erzielten Ergebnisse vorliegen. Zu einem ersten Treffen der AG wird gesondert eingeladen.
    2) Es wird beschlossen, die Arbeit im Aktionsbündnis gegen Studiengebühren (ABS) und in der von ABS, fzs und Studierendenvertretungen initiierten Kampagne gegen Studiengebühren sowie für die Verfasste Studierendenschaften zu verstärken. Dafür ist das Hochschulgruppennetzwerk verantwortlich.
    3) Das Hochschulgruppennetzwerk hält weiterhin an seinem Vorhaben fest, ein Seminar zur Bildungs- und Studienfinanzierung durchzuführen. Das Ziel des Seminars besteht darin, in der durch das zu erwartende Bundesverfassungsgerichtsurteil zu den Studiengebühren beschleunigten Debatte über die Studienfinanzierung mit einer PDS-Position zu intervenieren, in der der Kontext BAFöG, Bildungs- und Studienfinanzierung aufgemacht wird. Darin eingeschlossen ist die Verständigung mit anderen progressiven Studierendenverbänden.
    4) Bezogen auf die Öffentlichkeitsarbeit wird festgelegt:
    - Es soll ein Flugblatt zum Thema Wissenschaftstarifvertrag, gemeinsam mit der IG Betrieb und Gewerkschaft erscheinen. Anmerkung: Möglicherweise wäre es auch sinnvoll, in der Zeitung “Betrieb und Gewerkschaft” einen Beitrag zum Thema zu verankern.
    - Es soll ein Lesematerial (Form noch unklar) zum Thema Bildungsfinanzierung und Studiengebühren erscheinen, um innerhalb der PDS die Debatte zu strukturieren.
    - Zu den entsprechenden Terminen (BVerfG-Entscheidungen etc.) wird die BAG-Koordination bzw. werden die entsprechenden PV-Mitglieder Pressemitteilungen herausgeben.
    5) Der IG Bildung wird mitgeteilt, dass zum geplanten Ästhetik-Kongress eine Mitarbeit aus der Hamburger Studierendengruppe “Liste Links” zu erwarten sei.
    6) Die kommende Frühjahrstagung steht bislang unter dem Titel “Reform und Konterreform”. Ein genaueres Konzept soll noch erarbeitet werden. Im Kern wird vorgeschlagen (Olaf Walter, Hamburg), sich mit den aktuellen Reform- und Konterreformaspekten in der Hochschulpolitik auseinanderzusetzen und sich dazu zu positionieren. Es wird ergänzt (Benjamin Hoff, Berlin), dies dazu zu nutzen, mit Reformvorschlägen das auf der RLS-Konferenz analysierte programmatische Defizit der Hochschullinken in gewissem Maße zu verringern.
    Die Konferenz soll in Hannover stattfinden und durch eine Arbeitsgruppe vorbereitet werden. Eine entsprechende inhaltliche Konzeption soll bis Ende Dezember durch die Koordination unter Einbeziehung bis dahin eingegangener Vorschläge erarbeitet werden. Selbstverständlich sind auch für diese Konferenz wieder Kooperationen mit Bündnispartnern vorgesehen.
    Im TOP Nachwahl zum Bundesparteirat kandidierten Till Petersen aus Hamburg und Jörn Lei aus Hannover. Die Mehrheit der Anwesenden votierte für Jörn Leidecker aus Hannover. Den Sprechern des Parteirates wird der Wechsel durch die BAG-Koordination mitgeteilt.
    Aus Hamburg wird angemerkt, dass über den stellvertretenden Parteiratsdelegierten der BAG diskutiert werden sollte, da dies ja Till Petersen als Zweitplatzierter machen könne. Benjamin Hoff weist darauf hin, dass die Position des stellvertretenden Parteiratsdelegierten nicht nachgewählt werden muss, da Andreas Keller seine Bereitschaft für diese Funktion nicht für beendet erklärt habe. Auf der Frühjahrssitzung der BAG könne die Frage gleichwohl noch einmal angesprochen werden, da dann ein Jahr Amtszeit vorüber sei.
    Die nächste Mitgliederversammlung der BAG Wissenschaftspolitik findet im Anschluss an die Frühjahrstagung statt.
    Ein Bericht

    Im Anschluss an die Konferenz “Bildung – öffentliches Gut oder Ware” der Rosa-Luxemburg-Stiftung traf sich die Bundesarbeitsgemeinschaft Wissenschaftspolitik zur regulären Herbst-Mitgliederversammlung. An der Mitgliederversammlung nahmen 21 Kolleginnen und Kollegen aus den Ländern Niedersachsen, Hamburg, Berlin, Nordrhein-Westfalen und Brandenburg teil.

    Die Tagesordnung umfasste im wesentlichen die Punkte Berichte, Arbeitsplanung, Wahlen zum Bundesparteirat.
  • Antrag an die 1. Tagung des 9. Parteitages der PDS am 30./31.10.2004 in Potsdam
    Antrag an die 1. Tagung des 9. Parteitages der PDS am 30./31.10.2004 in Potsdam
    Änderungsantrag zum Leitantrag „Für eine starke PDS. Sozial mit aller Kraft!“
    Antragsteller/innen: Tobias Schulze (Berlin), Anja Stiedenroth (Halle), Jan Korte (Hannover), Andreas Wiemers (Bonn), Benjamin Hoff (MdA, Berlin), Katharina Weise (Berlin)
    Seite 6, rechte Spalte, Zeile 62 bis Seite 7, linke Spalte, Zeile 9
    wird ersetzt durch:
    Die PDS sieht eine progressive und emanzipatorische Reform des Hochschulbereichs als Schlüsselaufgabe sowohl für ihre Regierungs- als auch Oppositionstätigkeit an. Wir setzen der Privatisierungsoffensive von WTO, EU und Lobbyorganisationen in diesem Bereich das Leitbild einer offenen, demokratischen und regional verwurzelten Hochschule entgegen, die sich ihrer sozialen Verantwortung bewusst ist. Wir brauchen mehr und vor allem qualitativ hochwertigere Studienplätze, weil die gesellschaftliche Nachfrage nach einem höheren Bildungsniveau weiter steigt.
    Die PDS will deshalb den Hochschulzugang so gestalten, dass akademische Bildung kein Privileg der Besserverdienenden ist, sondern möglichst vielen zugute kommt. Denn angesichts des Wandels hin zu einer Dienstleistungsgesellschaft sind Aus- und Weiterbildung die Schlüsselkompetenzen, von denen nicht nur der Einzelne, sondern die Gesellschaft als Ganze profitiert.
    Auswahlgespräche und vor allem Studiengebühren sind der falsche Weg, um den Zugang zur akademischen Bildung zu erweitern. Sie machen vielen ein Studium unmöglich. Stattdessen setzen wir auf eine reformierte und verbesserte Studienförderung im Rahmen des BaföG, ein ein- bis zweisemestriges Probestudium sowie ein verbessertes Beratungssystem als die zielführenden Instrumente.
    Die PDS setzt sich für eine öffentlich finanzierte Hochschule mit effizienten Studienbedingungen ein. Die derzeitige, leider lediglich fiskalisch motivierte Umsetzung der Vereinbarungen im Rahmen des Bologna-Prozesses, die das Studium auf Schmalspurstudiengänge reduziert, repressive Studienordnungen und Selektionsinstrumente einführt, kritisieren wir auf das Schärfste. Eine Studienreform muss stattdessen zu mehr Orientierung im Studium, zu mehr Eigenverantwortung und zu mehr Durchlässigkeit im Hochschulsystem führen.
    Hochschulen sollen Autonomie erhalten. Dafür ist ihre Demokratisierung unerlässlich. Die PDS will deshalb die Mitspracherechte von Studierenden und MitarbeiterInnen stärken und die Professorenmehrheiten und präsidialen Vorrechte beschneiden.
    Investitionen in den Hochschulbereich stärken die regionale Leistungsfähigkeit in wirtschaftlichen wie gesellschaftlichen und kulturellen Bereichen. Die PDS will deshalb die Vernetzung von Hochschulen, Unternehmen und Kultur-, Bildungs- und Verwaltungseinrichtungen fördern.
    Begründung: Der Hochschulsektor befindet sich derzeit in einer massiven Umbruchphase. In den Medien wie in den Parteien scheint die Abneigung gegen die Privatisierung des tertiären Sektors zu schwinden. Folgen dieser Privatisierung wären Studiengebühren, das schrittweise Zurückziehen der öffentlichen Hand aus der Finanzierung, der Verlust von gesellschaftlichern Einflussmöglichkeiten sowie das Ausrichten von Forschung und Lehre auf ökonomisch sinnvolle Inhalte und Formen.
    Die Studierendenbewegung der letzten Jahre zeigt, wie unzufrieden die Studierenden mit dem derzeitigen Zustand der öffentlichen Hochschulen sind, aber auch, dass eine Privatisierung im o.g. Sinne weitgehend abgelehnt wird.
    Die PDS muss diesem wichtigen Sektor ihre erhöhte Aufmerksamkeit widmen und ihre Gestaltungsspielräume auf Landes- wie auf Bundesebene effizienter nutzen. Nötig ist hier die kreative Entwicklung von neuen Konzepten, die die Öffnung der Hochschulen und ihren quantitativen als auch qualitativen Ausbau mit ihrer gesellschaftlichen Legitimierung verbinden. Hochschulen müssen sich am wissenschaftlich Möglichen, aber auch am gesellschaftlich Notwendigen sowie Gewünschten orientieren und einen sichtbaren sozialen Nutzen bringen. Dazu gehört die spezielle Förderung bildungsferner Schichten, die Kooperation mit Kommunen und Verwaltungen sowie der Wirtschaft und eine intensive Öffentlichkeitsarbeit.
    Gerade in strukturschwachen Gebieten spielt der Hochschulsektor eine wichtige Rolle als Berater von kleinen Unternehmen, als Perspektive für junge Menschen und als Ideengeber für regionale Weiterentwicklung.
    Ein sozialistisches Leitbild für eine Hochschulreform im 21. Jahrhundert ist noch nicht umfassend beschrieben, aber wichtige Elemente eines solchen Leitbildes liegen auf dem Tisch. Die Bildungs- und Wissenschaftspolitik wird zu den Hauptthemen der politischen Auseinandersetzungen in den nächsten Jahren gehören. Daher halten wir eine dezidierte und konkretere Stellungnahme für diesen Bereich für dringend geboten.

    Änderungsantrag zum Leitantrag „Für eine starke PDS. Sozial mit aller Kraft!“

    Mehr lesen »
  • Interviews zu Wissenschaftspolitik
    Interviews zu Wissenschaftspolitik
    Hier zwei Interviews von und mit Berliner Akteuren linker Wissenschaftspolitik:
    Ein Interview mit Benjamin Hoff geführt durch Tobias Schulze zu linker und progressiver Wissenschaftspolitik und ein Interview mit Katharina Weise im “blättchen” u.a. zu kommunalen Bezügen von Wissenschaftspolitik
    Wir wollen progressive, linke Projekte initiieren
    junge Welt-Beilage Bildung
    Gespräch mit Benjamin-Immanuel Hoff ueber Berliner Wissenschaftspolitik in zwei Jahren Regierungsverantwortung der PDS, Hochschuldemokratie, kommende Studiengebuehrendebatten und die Nachrangigkeit politischen Bewusstseins.
    F: Vor gut zwei Jahren sind Sie als Wissenschaftspolitiker von der Oppositions- auf die Regierungsbank gewechselt. War die Umstellung schwierig?
    Ja und nein. Wir haben als PDS in Berlin bereits in der Opposition viele umsetzbare Vorschlaege unterbreitet. Das hat uns beim Regierungseintritt genuetzt. Andererseits mussten wir auch feststellen, dass eine Reihe unserer Ideen aus rechtlichen oder finanziellen Gruenden nicht moeglich war, unabhaengig davon, ob der Koalitionspartner Einwaende gehabt haette oder nicht. Individuell sehe ich die Regierungsarbeit ambivalent. Mir hat die Oppositionsarbeit Spass gemacht und es ist durchaus attraktiv, groesste Oppositionsfraktion und nicht kleinerer Regierungspartner zu sein. Andererseits war ich fuer den Eintritt der PDS in die Regierung und stehe dafuer, das Buendnis mit der SPD ueber 2006 hinaus fortzufuehren. Insbesondere halte ich es fuer problematisch, wenn oftmals artikuliert wird, Regierungsabgeordnete der PDS haetten ihr linkes Verstaendnis mit dem Koalitionsantritt aufgegeben.
    F: Der Eindruck kommt nicht ganz von ungefaehr …
    Waehrend der Studierendenproteste und der Studienkontendebatte wurde viel Zeit darauf verschwendet, unsinnige Vorwuerfe zu konstruieren. Die Studierendeninitiativen warfen der PDS, Wissenschaftssenator Thomas Flierl und mir vor, linke Positionen aufgegeben zu haben. Die PDS-Seite reagierte darauf mit einem leeren Ideologievorwurf. Das Ergebnis war wenig aufklaererisch und der Sache nicht dienlich. Aus meiner Sicht ist es hilfreicher, sich ueber unterschiedliche Akteursrollen, nicht politisches Bewusstsein, klar zu werden. Dies bietet die Basis fuer gemeinsame Verstaendigung. Konflikte sind dabei nicht ausgeschlossen, aber rationaler zu erklaeren und zu loesen. Zudem habe ich gelernt, dass es nichts nuetzt, oeffentlich ueber verlorenes Vertrauen zu lamentieren – man muss es sich Stueck fuer Stueck wieder erarbeiten.
    F: Wie lautet Ihre Bilanz nach der ersten Regierungshalbzeit?
    Wir haben als PDS vor dem Regierungseintritt drei Ziele formuliert.
    Erstens: Wir wollen Sanierungsgelder vom Bund, weil wir eine extreme Haushaltsnotlage haben. Laut einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts von 1992 muessen wir aber als Gegenleistung fuer 35 Milliarden Euro rund zwei Milliarden Euro einsparen. Zweitens: Wir wollen einen Mentalitaetswechsel bezogen auf Korruption und Vetternwirtschaft. Und Drittens: Wir wollen progressive, linke Projekte initiieren. In den beiden zurueckliegenden Jahren haben wir uns in der Wahrnehmung vieler Akteure sehr stark auf die ersten beiden Themenfelder konzentriert. Ich denke, dass dies notwendig war. Wissenschaftspolitisch stellen die Einsparungen von 75 Millionen Euro im Hochschulsektor und 98 Millionen Euro in der Universitaetsmedizin bis 2009 eine Niederlage dar.
    Andererseits haben wir als PDS auch gesagt, bei Ausgabenreduzierungen und Einnahmeverwendung stehen Sozial- und Bildungspolitik vor der Hochschulpolitik. Strukturell wichtig war die Stabilisierung der Juniorprofessuren, die Formulierung eines Entwurfs fuer ein neues Studentenwerksgesetz, die Zusammenfuehrung der Hochschulmedizin und die Sicherung des Fachhochschulsektors. Politisch wichtig waren Aenderungen im Hochschulgesetz sowie die Unterstuetzung fuer progressive Hochschulpolitik auf verschiedenen Ebenen sowie natuerlich die Verhinderung von Studiengebuehren beziehungsweise Studienkonten.
    F: Glauben Sie, dass der “Wissenschaftsstandort” Berlin auch nach den Kuerzungen leistungsfaehig sein kann?
    Das haengt davon ab, was man unter Leistungsfaehigkeit versteht. Die wissenschaftliche und Forschungsqualitaet wird sehr hoch bleiben. Die Studienqualitaet, die Betreuungsintensitaet wird sinken. Das ist ein echtes Problem.
    F: Kommt das Thema Studiengebuehren noch einmal auf die Tagesordnung?
    Als Diskussionspunkt der SPD mit Sicherheit. Als politische Entscheidung, an der die PDS beteiligt ist, nicht.
    F: Die Initiative “an-morgen-denken”, in der neben Wirtschaftsleuten und Politikern auch die Unipraesidenten vertreten sind, nannte die von der PDS geforderte viertelparitaetische Besetzung des Satzungsgremiums rueckwaertsgewandt und kontraproduktiv.
    Wir haben von Anfang an gewusst, dass die Forderung nach einer Demokratisierung der Hochschulen zu einer heftigen Debatte mit den Agenturen all derjenigen Kraefte fuehren wird, die seit 1973 fuer die Aufrechterhaltung der Vormachtstellung der Professoren kaempfen beziehungsweise seit den 1990er Jahren das Konzept eines “Unternehmens Hochschule” durchsetzen wollen. Hier geht es nun darum, die Koalitionsvereinbarung umzusetzen. Da wird der Widerstand in der SPD voraussichtlich noch kraeftiger werden.
    F: Die Unipraesidenten versuchen sich in dem von der Bundesregierung ausgerufenen Elitewettbewerb zu profilieren und planen ihre Hochschulen entsprechend umzustrukturieren. Wie soll Ihr erklaerter Anspruch, die Demokratisierung der Hochschulen voranzutreiben, gegen die Elitegelueste der Unipraesidenten verteidigt werden?
    Im Mittelpunkt meines Interesses steht eine qualitativ hochwertige Ausbildung der Studierenden, die Mitbestimmung der Hochschulmitglieder und die Moeglichkeit der Hochschulen, beste Ergebnisse in Wissenschaft und Forschung zu liefern. Nach diesen drei Oberzielen kommen Unterziele wie beispielsweise die regionale Verknuepfung in den Technologiefeldern.
    Die Universitaeten koennen meines Erachtens eine Elitenfoerderungsstrategie fahren – entscheidend ist, ob diese sich in die wissenschaftspolitische Konzeption des Landes einfuegt. Die Einfuehrung von Studiengebuehren, die Abkehr vom offenen Hochschulzugang sowie die Durchsetzung einer “Zwei-Klassen-Ausbildung” wird es mit uns nicht geben.
    Benjamin-Immanuel Hoff ist wissenschaftspolitischer Sprecher der PDS-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus
    _______________________________________________________________________
    Mehr Gewicht für Bildung
    Delegiert zum 9. Bundesparteitag der PDS: Katharina Weise
    Mit 97 Prozent der Stimmen wurde die 26-jährige Bezirksverordnete Katharina Weise aus Alt-Treptow von der PDS-Basisorganisation Treptow-Köpenick zum 9. Bundesparteitag am 30. Und 31. Oktober in Potsdam delegiert. ›blättchen‹ sprach mit der jungen Genossin über ihre Erwartungen und ihre Pläne.
    blättchen: Du wirst zum ersten Mal an einem Bundesparteitag teilnehmen. Warum wolltest Du unbedingt dabei sein?
    Bisher habe ich als Bezirksverordnete vorwiegend auf Bezirksebene gearbeitet. Nun habe ich mein Studium mit dem juristischen Staatsexamen abgeschlossen und mache ein Praktikum bei Klaus Lederer, dem rechtspolitischen Sprecher der PDS-Fraktion im Angeordnetenhaus. Seit Anfang des Jahres bin ich auch Mitglied der Landesarbeitsgemeinschaft (LAG) Wissenschaftspolitik. Und ich habe gemerkt, dass bestimmte Politikfelder wie zum Beispiel die PDS-Wissenschaftspolitik unterrepräsentiert sind. Hier möchte ich meinen Beitrag leisten.
    Wie könnte dieses Problem auf dem Parteitag mehr Beachtung finden?
    Unsere LAG hat bereits gute Kontakte auf Bundesebene. Zum Beispiel tauschen wir mit PDS-Vertretern aus Sachsen, Schleswig Holstein, Nordrhein Westfalen, Niedersachsen und Hessen Erfahrungen aus. So ist auch ein Änderungsantrag zum Leitantrag an den Parteitag entstanden, den wir in Potsdam debattieren wollen.
    Wer arbeitet in diesen LAGs mit? Du selbst studierst nicht mehr, hast Du noch Verbindungen zur Uni?
    Das sind meist junge Leute, die PDS-Hochschulgruppen gründeten oder ähnliches vorhaben. Ich habe noch gute Kontakte zu vielen Studenten, die ich von den Streiks im vergangenen Jahr her kenne.
    Worum geht es in Eurem Änderungsantrag?
    Zur Wissenschafts- und Hochschulpolitik der PDS wird im Leitantrag nur sehr wenig gesagt. Wir sind der Meinung, dass sich der Hochschulsektor gegenwärtig in einer massiven Umbruchphase befindet und die Streiks an den Unis im vergangenen Jahr gezeigt haben, dass auch die Studierenden sehr unzufrieden sind. Die PDS muss diesem wichtigen Sektor ihre erhöhte Aufmerksamkeit widmen, denn die Bildungsund Wissenschaftspolitik wird zu den Hauptthemen der politischen Auseinandersetzungen in den kommenden Jahren gehören.
    Siehst Du Möglichkeiten, Deine Arbeit als Bezirksverordnete mit der Arbeit in der LAG Wissenschaft zu verbinden?
    Wissenschaftspolitik ist ein übergreifendes Gebiet. Da können wir auf Bezirksebene relativ wenig bewirken. In unserem Bezirk gibt es jedoch Probleme, auf deren Lösung wir Einfluss ausüben können. Zum Beispiel brauchen die Studierenden auf dem Wissenschaftsgelände in Adlershof dringend eine Mensa. Zum anderen darf die Ansiedlung der FHTW in Oberschöneweide nicht aus dem Blickfeld verschwinden. Ab 2006 soll der Studienbetrieb dort beginnen, zur Zeit sind die Voraussetzungen für den Bau noch nicht gegeben. Der Bezirk könnte durch Infrastrukturmaßnahmen sowohl in Adlershof als auch in Oberschöneweide die neuen Entwicklungen unterstützen.
    Würdest Du nach dem Parteitag in den Basisorganisationen über die Beschlüsse und Deine Eindrücke von den Debatten berichten?
    Selbstverständlich. Wenn ich eingeladen werde, komme ich gern.
    Für “blättchen” geführt von Helga Pett

    Hier zwei Interviews von und mit Berliner Akteuren linker Wissenschaftspolitik:

    Ein Interview mit Benjamin Hoff geführt durch Tobias Schulze zu linker und progressiver Wissenschaftspolitik und ein Interview mit Katharina Weise im “blättchen” u.a. zu kommunalen Bezügen von Wissenschaftspolitik

    Mehr lesen »

  • Ein Lied für Lissabon
    Grandola Vila Morena

    Am 25. April 1974 fand die Nelkenrevolution in Portugal statt. Wie alles begann, wurde in einem Artikel in der Berliner Zeitung schön dargestellt.

    Mehr lesen »

  • 25. April 1974, 0.20 Uhr: Grândola, vila morena
    Artikel aus der Jungen Welt zur Nelkenrevolution
    Junge Welt vom 24. April 2004
    Gerd Schumann
    José Afonso und Franz Josef Degenhardt sangen von der portugiesischen Revolution: Zwei historische Vinylscheiben erzählen die Geschichte einer untergegangenen Epoche
    Vor mir liegen zwei Schallplatten, schwarzes Vinyl aus der Epoche des weltweiten Übergangs vom Kapitalismus zum Sozialismus, also jener leningestützten Vorstellung, nach der die drei »Hauptströme« des weltrevolutionären Prozesses – sozialistische Länder, Arbeiterbewegung des Kapitalismus, nationale Befreiungsbewegungen des Trikont – dem historisch überholten Imperialismus den Garaus bereiten würden.
    Grândola, vila morena
    Stadt der Sonne, Stadt der Brüder,
    Grândola, vila morena
    Grândola, du Stadt der Lieder
    Nun kreist die erste Scheibe in 33 Umdrehungen pro Minute auf dem Plattenteller: »Cantigas do Maio« (Gesänge aus dem Mai) von José »Zeca« Afonso. Das leise Knirschen und Knistern hat nicht, wie zu vermuten, mit Vinylabnutzung zu tun. Im Gegenteil. Mit ihm beginnt etwas Taufrisches, ein in Portugal lange verbotenes Lied, das Lied von der Stadt Grândola. Das leise Knirschen und Knistern wird zum schleppenden Rhythmus, träge und zäh wie lustlos Marschierende, ermatteter Tritt von Tagelöhnern, immer stärker und lauter, bis der Sänger mit trauriger Stimme »Grândola, vila Morena« darauf singt, und »Terra da fraternidade«, eine Terz höher, »O povo eçquem mais ordena. Dentro de ti ó cidade: Grândola, dunkle Stadt, Ort der Brüderlichkeit, das Volk hat wieder zu bestimmen in dir, du Stadt.« José Afonso stimmt es solo an, ruhig, ja gelassen, einfacher Melodiebogen, doch von einer Melancholie durchwirkt, so tief, unvorstellbar fast die Sehnsucht, die in ihr schwingt wie beim Fado (Schicksal), den Afonso schon als 17jähriger aufführte – zu Hause in Coimbra, wo er Geschichte und Philosophie studierte, und später in der portugiesischen Kolonie Moçambique, portugiesischer Schicksalsgesang, der Welt hoffnungsloses Leid beklagend.
    Grândola, du Stadt der Lieder
    Auf den Plätzen, in den Straßen
    Stehen Freunde, stehen Brüder
    Grândola gehört den Massen.
    Dann wiederholt eine andere Stimme die letzte Zeile, »Grândola gehört den Massen«, ein heller Fastsopran, dessen Satz von vielen Sängern unterstützt wird, herb, düster zunächst, dann entschlossen, zumindest steigert sich das Volumen, Männerchor, Saisonarbeiter auf dem Land des Latifundienbesitzers, Korkeichen schälend, Getreide erntend, Oliven pflückend, dabei singend in alter Tradition, Arbeitslied, der Vorgabe des Sängers folgend, überkommener Wechselgesang zwar, doch auch neu, im Stil des portugiesischen »Canto livre« (Freier Gesang), in dem die mehrstimmig vorgetragene Weiterentwicklung der Dramaturgie Bewußtseinsentwicklung anzeigt, ein mächtiger A-cappella-Gesang, doch immer weiter unterlegt von dem tristen Kolonnentritt. Der entfernt sich nach sechs Vierzeilern langsam, verliert sich in der Ferne, in der Unendlichkeit trockener, abgeernteter Flächen. Ende des drei-Minuten-Lieds, ein einfaches, kleines Stück von ungeheurer, großartiger Wirkung: Aufruf zur Veränderung der politischen Weltkarte.
    Grândola, vila morena
    Viele Hände, die sich fassen
    Solidarität und Freiheit
    Geht der Ruf durch deine Straßen.
    0.20 Uhr zeigt die Uhr im Studio der katholischen Radiostation »Renascenca« (Wiedergeburt), keine halbe Stunde nach Mitternacht des 25. April 1974 ertönt das verabredete Zeichen. Schon vorher hatte sich die Nadel in die Rille gegraben, war das historische Magnetband produziert worden, die Strophen jeweils unterbrochen vom rezitierten Text – das verabredete akustische Signal zum Aufstand. Zwei regimeoppositionelle Journalisten, Carlos Albino und Manuel Tomaz, haben alles bis ins Detail vorbereitet. Albinos Kontakte zur klandestinen Bewegung der Streitkräfte Portugals (MFA) aus der Zeit seines eigenen, verhaßten Militärdienstes machen ihn und Tomaz, ein Hörfunkkollege, der aus Moçambique ins Herz der Kolonialmacht gekommen ist, zu Schlüsselfiguren der Revolution. Die MFA-Truppen werden zunächst Lissabon nehmen, um dann in den folgenden Stunden und Tagen das faschistische Regime des Salazar-Nachfolgers Marcelo Caetano zum Teufel zu jagen, eine Terrorherrschaft stürzen, die die portugiesische Gesellschaft seit bald einem halben Jahrhundert lähmt, wie in Blei gegossen das Land und die Kolonien, bewacht von gefürchteten Geheimdienstfolterern der PIDE, Angst und Einschüchterung verbreitend, den gebeugten Gang und Vorsicht als Lebenseinstellung erzwingend. Grândola erhebt sich, das Lied wirkt.
    Geht der Ruf durch deine Straßen
    Gleich und gleich sind unsre Schritte
    Grândola, vila morena
    Gleich und gleich durch deine Mitte.
    José Afonso trug Grândola erstmals am 29. März 1973 vor. 5 000 Menschen sangen mit beim ersten portugiesischen Liederfestival. Seitdem ist es verboten, wie die neuen Volkslieder des Mikis Theodorakis in Griechenland. Wie die neuen Volkslieder des Katalanen Lluis Llach in Spanien. Sie wirken in den letzten faschistischen Diktaturen Europas als Kraftspender auf dem langen Marsch des Widerstands, bedeuten eine »kurze Rast in einem quellenkühlen Tal« (Franz Josef Degenhardt 1968: »Für Mikis Theodorakis«). Und die griechischen Obristen, die spanischen Herren Generäle mit ihrem Caudillo, die portugiesischen Mumien wanken. »Wie ihr großer weißer Vater, dieser Völkermörder Johnson, löschen sie das Licht nicht mehr bei Nacht« (Degenhardt). Grândola, also Portugal, los, mach den Anfang!
    Deine Kraft und euer Wille
    Sind so alt wie unsre Träume
    Grândola, vila morena
    Alt wie deine Schattenbäume.
    Genau 30 Jahre liegt »Grândola« nun zurück, fast ein Drittel Jahrhundert verklungen das Lied über die Stadt im Alentejo, gelegen an der Strecke von Lissabon in die Algarve – ein Name nur, und doch Metapher für das Land, für dessen Herrschaft in Angola, Moçambique, Guinea-Bissao, im Golf von Guinea, in Macau, in Ost-Timor. Die zerlumpten Massen der Unterdrückten dort, die glitzernden Oasen für Reiche am Atlantischen ebenso wie am Indischen Ozean, wo im »Polana«, dem Luxushotel von Lourenco Marques, schwarze Frauen auf die Zimmer bestellt werden. Lourenco Marques wird bald seinen Kolonialistennamen aus dem 16. Jahrhundert ablegen und 1975 zu Maputo werden.
    Vor mir liegt nun das Foto von irgendwann zwischen dem 25. April und dem 1. Mai 1974, José Afonso und die ganze hochkarätige Liedermacherschar, vertrieben vom Faschismus, kehren zurück aus dem Exil. Die Freude der Menschengruppe läßt sich nicht in Worte fassen, zeugt sie doch von jenem äußerst seltenen Gleichklang aus persönlichem und gesellschaftlichem Empfinden, von vollendeter Vergangenheit und anbrechender Zukunft, von Trauer und Hoffnung.
    Alt wie deine Schattenbäume
    Grândola, du Stadt der Brüder
    Grândola, und deine Lieder
    Sind nun nicht mehr nur noch Träume.
    Franz Josef Degenhardt übertrug die portugiesischen Worte von »Grândola« ins Deutsche schon bald nach der »Nelkenrevolution« und sang sie auch. Singer-Songwriter wie José Afonso, damals trefflich »Liedermacher« genannt, ein Begriff, dem heute der Makel des Verstaubten angedichtet wird. Nun kreist die zweite Vinylrarität auf meinem Plattenteller. »Mit aufrechtem Gang« nannte sie »Väterchen Franz«, zu Beginn der Sechziger Pate an der neuen deutschen Liedermacherkrippe, seine doppelte Langspielrille in Beatles-weißem- Album-Cover mit schwarzen Schreibmaschinenlettern drauf, eine historische Scheibe deswegen, weil sie exakt jenen historischen Wendepunkt einfängt, an dem die Epoche zu kippen scheint und sich doch noch einmal fängt, jene kurze Zeitspanne zwischen Chile und Portugal, zwischen dem 11. September 1973 und dem 25. April 1974, zwischen putschenden Faschistengenerälen und putschenden Antifa-Massen in Uniform – »Station Chile« wurde am 31. Mai 1974 beim Victor-Jara- Gedächtniskonzert in der Essener Gruga-Halle aufgenommen, da überstrahlte der 25. April schon die chilenische Nacht, und Degenhardt rotzt trotzig trotz der schweren Niederlage für den weltweiten Sozialismus in Chile noch einmal das tragische »Venceremos« in den Saal. »Wir werden siegen« wird nicht Wirklichkeit werden. Der Sänger und Dichter weiß es noch nicht. Er und alle historischen Optimisten werden 1980 noch mit Nicaragua und Simbabwe feiern können. Die nationalen Befreiungsbewegungen scheinen erneut die Epochedefinition zu bestätigen. Ein letztes Mal.
    Die vom Westen installierten »bandidos armados« genannten konterrevolutionären Truppen in Moçambique und Angola destabilisieren die befreiten Exkolonien. Sie werden die sozialistischen Blütenträume der Freiheitskräfte MPLA und Frelimo zerstören. Degenhardt weiß noch nichts von Afghanistan und den bevorstehenden Niederlagen. Vielleicht ahnt er die bitteren Deformationen des Realsozialismus, singt dazu nicht, kein öffentliches Wort niemals.
    Noch immer ist das Vergangene nicht tot. Es ist nicht einmal vergangen. Degenhardt interpretiert Erich Weinerts Emigranten-Choral und erinnert an den Kampf dagegen im »Zündschnüre-Song«, dem Lied zu seinem gleichnamigen, trocken-humorigen, also phantastisch milieustimmigen Ruhrgebietsroman über den antifaschistischen Jugendwiderstand 1944 – warum wird die »Zündschnüre«-Fernsehverfilmung eigentlich nicht mehr gezeigt heute? Dieselbe Frage betrifft des Sängers Lieder, jene Wegbegleiter in den Kämpfen und auf den Festen der Vergangenheit und auch der Gegenwart, auf alle Fälle der Zukunft, gemieden von den Rundfunkanstalten und Fernsehsendern des deutschen Westens. Damals aus gutem Grund – hundert Pro – siehe die Beispiele, siehe Portugal, Spanien, Griechenland, siehe Afonso, Llach, Theodorakis. Die historisch-dialektische Epochebestimmung scheint sich Mitte der siebziger Jahre ihren Weg zu bahnen – trotz des Berufsverbots, jener Bruchstelle einer progressiven BRD- Entwicklung, von der Degenhardt in seiner »Belehrung nach Punkten« singt. Die BRD bleibt dem preußischen Beamtenrecht ebenso verpflichtet wie der »freiheitlich-demokratischen Grundordnung«, die sich mit den Jahren auch in Portugal, Griechenland und Spanien, den letzten drei Gewaltherrschaften auf europäischem Boden, etablieren wird: Nein, der nationalen Befreiung folgt die soziale nicht zwangsläufig. Die internationale Sozialdemokratie leistet im Zusammenspiel mit den Bourgeoisien ganze Arbeit, unterstützt auch vom Mangel an Sozialismus im Sozialismus.
    Franz Josef Degenhardt, der Geschichtschronist, berichtet derweil von der Menschlichkeit und wie es damals war mit dem neuen Leben in »Wolgograd«, Stadt der Befreiung Deutschlands vom Faschismus, die früher »Stalingrad« hieß. Und singt vom portugiesischen April. Beide werden nie zusammenkommen, sagt uns die Geschichte. Bis jetzt. »Grândola«, das das letzte Lied »Mit aufrechtem Gang«, klingt knisternd und knirschend aus. Nein, nicht von zerkratztem Vinyl. Es sind die wieder geknechteten Landarbeiter des Alentejo.
    * Historisches Vinyl 1 inklusive »Grândola«: »Cantigas do Maio« (1929–1987), Orfeu, STAT 009
    * Historisches Vinyl 2 inklusive »Grândola«: »Mit aufrechtem Gang« von Franz Josef Degenhardt, Polydor, 2459240

    Artikel aus der Jungen Welt zur Nelkenrevolution

    Mehr lesen »

  • “Ich glaube nicht an den dritten Weg”
    Interview mit Vasco Goncalves
    aus der Jungen Welt zur Nelkenrevolution
    junge welt vom 24. April 2004
    Interview: Frank Bochow
    Gespräch mit Vasco Gonçalves über das Bündnis von Streitkräften und Bevölkerung in der portugiesischen Revolution, über die Rolle der SPD und der USA bei deren Zurückdrängung und Perspektiven für einen gesellschaftlichen Wandel
    * General Vasco Gonçalves (geb. 1922) war einer der Autoren des Programms der »Bewegung der Streitkräfte« (MFA), die am 25. April 1974 nach 48 Jahren die faschistische Militärdiktatur von António de Oliveira Salazar (1889– 1970) und dessen Nachfolger Marcelo Caetano (1906–1980) beseitigte. Nach der »Nelkenrevolution« war Vasco Goncalves Ministerpräsident Portugals in einer Reihe von Regierungen bis zum September 1975. Das Gespräch wurde am 28. März in Lissabon geführt.
    F: Wie erlebten Sie die Nacht vom 24. zum 25. April 1974, als im Radio mit dem Lied »Grândola, vila morena« von José Afonso das endgültige Signal zum Aufstand gegen das Caetano-Regime gegeben wurde?
    Ich war daheim, in meiner Wohnung, und blieb auch dort bis zum Abend des 25. April. So war es mit meinen Freunden vereinbart. Sie müssen wissen, daß der militärische Aufstand von den mittleren Offiziersgraden vorbereitet wurde, die sich anfangs in der »Bewegung der Hauptleute« zusammengefunden hatten, aus der dann die MFA, die »Bewegung der Streitkräfte«, hervorging. Ich war damals Oberst der Pioniertruppen und stieß erst Ende September, Anfang Oktober 1973 zu dieser Bewegung. Man kannte meine antifaschistische Haltung seit langer Zeit, und so suchte man den Kontakt mit mir. An den rein militärischen Operationen war ich nicht beteiligt. Zur Ausarbeitung des politischen Programms der MFA kam ich in der letzten Phase, insbesondere dann, als es darum ging, es mit General António de Spinola zu diskutieren, der an die Spitze einer Übergangsverwaltung, der sogenannten »Junta der Nationalen Rettung« gelangte.
    F: Die »Nelkenrevolution« siegte in wenigen Tagen und verlief weitgehend unblutig. Die Armee eines NATO-Mitgliedstaates war zur Trägerin einer fortschrittlichen Entwicklung geworden, die sich gegen die Regierung richtete. Welche Widerstände waren zu überwinden?
    In der Tat siegte der bewaffnete Aufstand in wenigen Stunden, es gab von der Militärhierarchie kaum Widerstand. Das hatte mehrere Gründe. Der entscheidende war der über 13jährige Kolonialkrieg. Die Mehrheit der Soldaten und Offiziere hatte erkannt, daß er nicht zu gewinnen war und nur beendet werden konnte durch den Sturz des faschistischen Regimes. Es hatte auch in der Vergangenheit schon mehrere Versuche gegeben, die faschistische Herrschaft zu beenden – jetzt war die Zeit endgültig gekommen.
    F: Ihr Hauptziel war der Sturz eines der letzten offen kolonialistischen und diktatorischen Regimes Europas. Beides gelang. Die ehemaligen Kolonien erreichten ihre nationale Unabhängigkeit, in Portugal wurde eine demokratische Verfassung erarbeitet. Sind damit aus historischer Sicht auch die beiden Hauptleistungen der MFA-Revolutionäre benannt?
    Vielleicht sollte ich für die Leser der jungen Welt noch einiges zur damaligen Situation sagen, 30 Jahre sind eine lange Zeit, und vieles verblaßt in der Erinnerung. Die »Bewegung der Streitkräfte« war keine revolutionäre Organisation. In ihr gab es sowohl Revolutionäre als auch Anhänger einer Gruppe, die lediglich die Caetano- Regierung stürzen wollte, ansonsten sollte sich wenig verändern. Selbst bei der Beseitigung des Kolonialregimes gab es viele Hindernisse. Zunächst einmal war geplant, in den Kolonien eine Waffenruhe zu verkünden, ein Jahr lang eine Übergangsverwaltung einzurichten, dann ein Referendum durchzuführen, in dem die Bevölkerung sich auch für die Autonomie und die Unabhängigkeit hätte aussprechen können. Das scheiterte natürlich an dem energischen Widerstand der Befreiungsbewegungen, die völlig zu Recht die sofortige Unabhängigkeit verlangten und nicht bereit waren, den bewaffneten Kampf aufzugeben. Wir, d. h. der progressive Kern der MFA, unterstützten vorbehaltlos diese Forderungen.
    Die eigentliche »Nelkenrevolution« begann nach dem 25. April. Zu unser aller Überraschung gingen Menschen auf die Straßen, forderten die sofortige Befreiung der politischen Gefangenen, die Beseitigung des Geheimdienstes, sie verbündeten sich mit den Soldaten und Offizieren in großartigen und bewegenden Aktionen. Wir selbst, d. h. die MFA, hatten zunächst dazu aufgerufen, in den Häusern zu bleiben, um bei eventuellen militärischen Auseinandersetzungen möglichst keine Opfer unter der Zivilbevölkerung zu haben. Und so kam es zu dem einzigartigen Bündnis zwischen Volk und Streitkräften, das bis Ende 1975 die entscheidende Grundlage für den Fortgang der Revolution bildete.
    F: Auf den Tag genau ein Jahr nach der »Nelkenrevolution« ergaben die Wahlen eine Mehrheit für die Sozialistische Partei, die in der BRD, in Bad Münstereifel, mit Unterstützung der SPD gegründet worden war. War das nicht eine Enttäuschung für die Linke? Und welche Rolle haben die SP und Mário Soares historisch aus Ihrer heutigen Sicht gespielt?
    Die Wahlen zur Konstituierenden Versammlung am 25. April 1975 waren nur ein Teil des Entwicklungsprozesses. Ihr Ergebnis widerspiegelte die Tatsache, daß ein großer Teil der Wähler die wahren Absichten der politischen Parteien nicht durchschauen konnte. Bis auf das »Christlich-Demokratische Zentrum« (CDS) sprachen sich doch alle für die Enteignung der Großgrundbesitzer und die Entmachtung der Monopole und Banken, für die Rechte der Werktätigen und ihrer Interessenvertretung aus. Vergessen Sie nicht, daß diese Konstituierende Versammlung eine Verfassung erarbeitete, die am 2. April 1976 mit der Zustimmung fast aller Parteien angenommen wurde, in welcher der Sozialismus als Ziel der gesellschaftlichen Entwicklung in Portugal festgeschrieben wurde. Diese Verfassung war Ausdruck der Stimmung im Volk und Widerspiegelung einer bis dahin einmaligen Massenbewegung. Die Landarbeiter besetzten die von den Großgrundbesitzern im Alentéjo verlassenen Güter, bildeten ihre »Kollektiven Produktionseinheiten« und begannen, das Land in eigener Regie zu bewirtschaften. Die Arbeiter und Angestellten in den Betrieben, Banken und Versicherungen forderten in vielfältigen Aktionen die Entmachtung der Monopolgruppen.
    In dieser stürmischen, wahrhaft revolutionären Zeit wagte es keine Partei, sich dieser Woge des Elans offen zu widersetzen. Wir, die progressiven Kräfte in der MFA, unterstützten mit den uns zur Verfügung stehenden Mitteln diesen Prozeß, bekräftigten dies in zwei Vereinbarungen zwischen der MFA und den Parteien. Die vier »Provisorischen Regierungen«, die ich als Ministerpräsident von Juli 1974 bis September 1975 leitete, erließen die entsprechenden Gesetze und Verordnungen. Mário Soares und der größte Teil der Führung der Sozialistischen Partei haben mit allen Mitteln versucht, diese Entwicklung zu verhindern. Faktisch führte die Sozialistische Partei die Konterrevolution an. Dem Namen nach sozialistisch hatte sie eine gewisse Popularität im Volk und war deshalb für diese Rolle am besten geeignet, konnte sie doch nicht beschuldigt werden, »rechts« zu sein. Unter Mário Soares als Regierungschef der ersten Regierung nach Annahme der Verfassung ab Juli 1976 wurden dann die ersten Maßnahmen gestellt, um die Errungenschaften der Revolution Schritt für Schritt zu beseitigen.
    F: Welchen Einfluß nahmen – neben der deutschen Sozialdemokratie – ausländische Kräfte auf die portugiesische Entwicklung?
    Der Sturz des faschistischen Regimes selbst stieß zunächst durchaus auf das Wohlwollen der USA und anderer kapitalistischer Staaten, hoffte man doch auf einen »normalen« Übergang zu einer formal bürgerlichen Demokratie im Rahmen Westeuropas. Mit dem Fortschreiten des revolutionären Prozesses änderte sich das jedoch radikal. Die USA äußerten mehrfach ihre Sorge über die Gefahr »einer kommunistischen Machtübernahme« in Portugal. Sie entsandten Frank Carlucci, eine Führungsfigur der CIA, als Botschafter nach Portugal, der sich nach meinen Kenntnissen auch nach Kräften in die inneren Prozesse einmischte. Faktisch widersetzten sich alle kapitalistischen Industriestaaten, gleich von welchen Parteien sie auch regiert wurden, der portugiesischen Revolution. Ich erinnere mich noch ganz gut an die NATO-Ratstagung in Brüssel im Mai 1975 und meine Begegnungen mit dem damaligen USA-Präsidenten Gerald Ford und dem Staatssekretär Henry Kissinger. Das ausdrückliche Ziel der Amerikaner im Gespräch mit mir war, daß ich sofort nach meiner Rückkehr nach Lissabon die Kommunisten aus der Regierung entferne, was ich natürlich ablehnte. Danach hatte ich den Eindruck, daß die amerikanische Regierung entschlossen war, auf andere Kräfte in- und außerhalb der MFA zu setzen, was sie im übrigen auch schon vor dieser Begegnung getan hatte.
    F: Portugal ist heute ein kapitalistischer Staat, dessen Regierungen, wie viele andere auch, eine neoliberale Politik betreibt. Worin sehen Sie die Hauptgründe für das Scheitern der sozialistischen Ziele der Aprilrevolution?
    Zu den Gründen für das Scheitern gehören nach meiner Meinung: die Divergenzen und Interessengegensätze zwischen den Demokraten, die sich, wenn auch mit vielen Schwierigkeiten, im Kampf gegen das Caetano-Regime und später zur Unterstützung der MFA und der Revolution zusammengefunden hatten; die Verschärfung des Klassenkampfes; eine sehr erfolgreiche ideologische und psychologische Offensive gegen die MFA, in deren Verlauf ihr revolutionärer Kern der Verbindung mit den Kommunisten beschuldigt wurde und das Gespenst einer neuen Diktatur an die Wand gemalt wurde, begründet in den weitgehenden Veränderungen der Eigentumsstrukturen; die tiefgehende Spaltung innerhalb der Linken der MFA, als Ergebnis des Einflusses der bürgerlichen und kleinbürgerlichen Ideologie unter den Militärs; die Politik der Parteien, die bei den Wahlen zur »Konstituierenden Versammlung« gesiegt hatten, die, im Gegensatz zu den von ihnen proklamierten sozialistischen Zielen und ihrer Unterschrift unter die Übereinkunft mit der MFA, darauf gerichtet war, die sozialen Errungenschaften des April zu unterminieren; der Einfluß der bürgerlichen und kleinbürgerlichen Ideologie auf die Mehrheit der portugiesischen Werktätigen und die Militärangehörigen; die antidemokratischen Verhältnisse in großen Gebieten des Landes; der andauernde beträchtliche Einfluß äußerst rechter und reaktionärer Kräfte bis hin zur Hierarchie der katholischen Kirche; das begrenzte politische Bewußtsein unseres Volkes; die Unterstützung, die der Konterrevolution von den internationalen sozialdemokratischen und christdemokratischen Parteien und von den imperialistischen Staaten gewährt wurde.
    F: 1986 wurde Portugal Mitglied der EU. Der Kapitalismus als gesellschaftliches System hat sich reetabliert. Welche Perspektiven sehen Sie heute für einen gesellschaftlichen Wandel in Portugal?
    Wir können heute nicht die unmittelbare Zukunft voraussehen. Wir wissen aber genau, wohin die aktuelle Politik führen kann. Deshalb ist der entschiedene Kampf gegen den Neoliberalismus und die Kriege, die das gegenwärtige Gesellschaftssystem hervorruft, nötig, ein Kampf, der letztlich die Überwindung des Kapitalismus zum Ziel hat. Ich glaube nicht an einen »dritten Weg« zwischen Kapitalismus und Sozialismus. Diejenigen, die so etwas vertreten haben, sind stets bei einer Politik gegen die Interessen der arbeitenden Menschen angekommen, wie es das Beispiel der sozialdemokratischen Regierungen von Lionel Jospin in Frankreich, Tony Blair in Großbritannien und Gerhard Schröder in Deutschland beweist.
    Unter den gegenwärtigen außerordentlich schwierigen Bedingungen sehe ich die Aufgabe aller demokratischen und progressiven Kräfte meines Landes in der täglichen beharrlichen Arbeit zur Formierung eines politischen und sozialen Bewußtseins unseres Volkes, um seine tatsächliche Teilnahme an der Umgestaltung der Gesellschaft zu ermöglichen. In diesem Kampf spielen die Gewerkschaften, politischen Parteien, gesellschaftlichen Organisationen und Bewegungen, die an den unterschiedlichsten sozialen Aktivitäten beteiligt sind und für eine radikale Umgestaltung der Gesellschaft eintreten, eine entscheidende Rolle.
    In einem solchen Kampf gilt es, die Kräfte zu sammeln, die für eine Veränderung nötig sind hin zu einer Regierung, die bereit ist, das grundlegende Prinzip unserer Verfassung zu erfüllen, so wie es in der Präambel formuliert ist: »den Weg für eine sozialistische Gesellschaft zu öffnen, unter Respektierung des Willens des portugiesischen Volkes mit dem Ziel des Aufbau eines Landes in größerer Freiheit, Brüderlichkeit und Gerechtigkeit«.
    * Frank Bochow, Jg. 1937, war von 1977 bis 1981 Botschafter der DDR in Portugal
    Interview mit Vasco Goncalves

    aus der Jungen Welt vom 24. April 2004 zur Nelkenrevolution

    Mehr lesen »